Hier bleibe ich bis zu meiner Pension

VBZ Admin

Bevor sie Trampilotin wurde, stieg Larissa D’Urso nur widerwillig in ein Tram. Lieber war sie zu Fuss oder mit dem Fahrrad unterwegs. Mittlerweile kann sie sich nichts Schöneres vorstellen, als mit dem Tram durch die Stadt Zürich zu fahren. Am liebsten möchte sie bis zu ihrer Pensionierung bei den VBZ weiterarbeiten.

Larissa D’Urso war stellvertretende Restaurantleiterin in einem bekannten Lokal am Ufer des Zürichsees. Eigentlich war das immer ihr Traumjob. Doch trotz zufriedener Gäste und Ausblick aufs Wasser fragte sie sich eines Tages, wie lange sie in diesem Job noch glücklich sein würde. Sie arbeitete mindestens fünf Tage pro Woche im Schichtbetrieb mit Präsenzzeiten von bis zu 12 Stunden täglich.

Ein Freund, der bereits bei den VBZ arbeitete, schlug ihr vor, sich doch als Trampilotin zu bewerben. «Ich habe laut gelacht, denn ich selbst wäre nie auf die Idee gekommen und hätte mir das auch nicht zugetraut», sagt sie zurückblickend. Zehn Jahre später und als Trampilotin fest im Sitz, ist sie ihm immer noch dankbar für den Wink, der ihrem Leben eine Kursänderung gab.

In zwei Monaten zur Trampilotin

Nachdem sie den Fahreignungsdiagnostik-Text, kurz FED, erfolgreich bestand, begann die zweimonatige Ausbildung zur Trampilotin. «Knackig» nennt sie diese, wenn sie an die damalige Zeit zurückdenkt. Denn bereits nach 20 Tagen Fahrschule gilt es ernst und man transportiert – wenn auch noch begleitet durch eine Instruktorin oder einen Instruktor – Fahrgäste auf dem Liniennetz der VBZ von A nach B.

«Ich habe mich voll reingekniet, am Abend immer nochmals alle Unterlagen studiert und mich auf den nächsten Tag vorbereitet», erzählt Larissa von damals. Es sei wie bei allem, was man neu lerne: Am Anfang sei man unsicher, doch mit der Zeit werde man entspannter und bekomme eine gewisse Routine. Bis sich diese allerdings einstellte, habe es bei ihr fast ein Jahr gedauert.

Der Kopf muss immer eingestellt sein

Mit zunehmender Erfahrung entwickle man eine Art siebten Sinn und bekomme ein Gespür dafür, wie sich andere Verkehrsteilnehmenden bewegen und wo Gefahren lauern. Entsprechend seltener würden Unfälle passieren.

«In den ersten zwei Jahren hatte ich insgesamt fünf Kollisionen. Alle waren unverschuldet. Trotzdem glaube ich, dass mir diese heute vermutlich nicht mehr passieren würden, weil ich ruhiger bin», so Larissa D’Urso. Gleichzeitig sagt sie, dass Unachtsamkeit die grösste Gefahr im Beruf als Trampilotin sei. Der Kopf müsse immer eingestellt sein. Dazu gehöre auch, zu wissen, welche Linie man fährt.

«Es klingt banal, doch wenn du beispielsweise vom Stauffacher stadteinwärts fährst, musst du dir im Klaren darüber sein, ob du im 2er sitzt, der geradeaus zum Paradeplatz geht, oder ob du den 3er steuerst, der links zur Sihlpost abbiegt. In so einem Moment die Weichen falsch zu stellen, kann fatal sein», weiss Larissa.

Musik sorgt für gute Laune

Nach zehn Jahren im Führerstand ist Larissa D’Urso ein Profi, dem kaum noch Fehler unterlaufen. Doch gerade im Winter, wenn es früh dunkel wird, muss auch sie Acht geben, dass sie konzentriert bleibt und nicht müde wird.

«Ich nutze die kurze Pause an der Endhaltestelle, um kurz aufzustehen und an die frische Luft zu gehen. Und ich höre gerne Musik vorne im Cockpit. Das macht gute Laune. Manchmal animiert es die Fahrgäste sogar zum Mitträllern», lacht sie und erinnert sich an eine Situation vor Weihnachten, als zwei junge Frauen spätabends lauthals zu «Last Christmas» mitsangen.

Eigenständig und doch Teil eines Teams

Larissa mag die Interaktion mit den Menschen, die bei ihr ein- und aussteigen. Und sie schätzt es, dass sie als Trampilotin viel Eigenverantwortung trägt und ihre eigene Chefin ist: «Das Gute bei den VBZ ist, dass man für sich allein arbeitet und dennoch ein grosses Team ist.»

Es hätten sich bei der Arbeit auch schon Freundschaften entwickelt. Umso mehr freue sie sich, wenn sie in der Pause oder beim Fahren eine Kollegin oder einen Kollegen sehe. «Wenn ich auf der Linie beispielsweise jemanden kreuze, den ich mag, dann gebe ich den Blinker links. Wenn ich jemanden antreffe, den ich sehr mag, dann schalte ich im Tram das Licht ein und wieder aus», verrät die 36-Jährige und lächelt.

Gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Der Alltag von Larissa D’Urso ist bunt und gespickt mit schönen, lustigen und manchmal auch sonderbaren Begegnungen. «Es ist wie im Kino. Wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, kann ich meinem Mann und meinen zwei Kindern immer eine gute Story erzählen», schmunzelt sie.

Dass sich ihr Job gut mit dem Familienleben vereinbaren lässt, ist für Larissa ein weiterer grosser Pluspunkt. Die VBZ ermöglicht ihren Trampilot*innen und Busfahrer*innen Teilzeitarbeit. Larissa arbeitet 40% auf Stundenlohnbasis. Dadurch kann sie sich ihre Schichten flexibel einteilen.

«Ich entscheide selbst, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten ich arbeite. Meistens fahre ich abends oder nachts Tram. So kann ich tagsüber Zeit mit den Kindern verbringen. An den Abenden, an denen ich unterwegs bin, schaut mein Mann nach den Kleinen», erklärt Larissa das Betreuungsmodell der Familie D’Urso.

Super findet sie auch, dass sie ihre Dienste und Urlaube nicht schon Monate im Voraus eingeben muss. «Ich habe viel Spielraum und kann auch einmal spontan eine zusätzliche Schicht übernehmen. Oder ich nehme einmal länger Urlaub und hole die Minusstunden dann im darauffolgenden Monat wieder auf.»

Die Liebe fürs Tramfahren entdeckt

Larissa D’Urso ist rundum glücklich in ihrem Beruf. Das war nicht abzusehen, machte sie vor ein paar Jahren doch noch einen grossen Bogen ums Tram. «Ich bin zu Fuss gelaufen oder mit dem Fahrrad gefahren – Hauptsache nicht in ein Tram einsteigen müssen», gibt sie zu.

Die Leute in ihrem Umfeld waren denn auch ganz erstaunt, als sie 2014 mit der Ausbildung bei den VBZ begann und fragten nach, ob sie Tramfahren nicht hasse. Darauf entgegnete sie jeweils: «Ja, schon, aber vorne drinsitzen ist etwas anderes». Im Cockpit gefällt es Larissa so gut, dass sie sagt: «Hier bleibe ich bis zu meiner Pension. Ich möchte wirklich nichts anderes machen.»

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