Will Claudia Kopp etwas wegwerfen, muss sie aufstehen: Unter ihrem Tisch steht kein Papierkorb, im Team gibt es nur noch einen. «Wir haben das eingeführt, damit nicht immer nur halbleere Plastiksäcklein gewechselt werden», sagt die Fachspezialistin Umwelt der VBZ. Ja, «Umweltmanagerin» passe auch. Sie sieht das pragmatisch: «Die VBZ haben ein Umweltmanagement-System und meine Aufgabe ist es, dieses zu ‹managen›.» Und die Sache mit den Papierkörben sei natürlich ein Nebenschauplatz. «Man kann sich fragen, wieviel das bringt.» Doch mag sie die kleinen Dinge nicht unterschätzen. «Sie sind sehr sicht- und spürbar und sensibilisieren daher gut für weitere Nachhaltigkeitsthemen.»
Deren gibt es bei den VBZ viele. Kopp hat sie alle im Blick, neben den kleineren auch die grossen Brocken: Die eBus-Strategie etwa, die vorsieht, dass die VBZ bis 2030 emissionsfrei fahren. Nachhaltige Gebäudesanierungen. Oder auch der gesundheits- und umweltkonforme Umgang mit Gefahrstoffen. Gerade diese klassischen Themen eines Industriebetriebes waren es, die die frühere Umweltmanagerin der Schweizerischen Nationalbank vor sechs Jahren am Wechsel zu den VBZ gereizt hatten.
Positiver Druck durch Zertifizierung
«Natürlich bewältige ich die grossen Themen nicht selbst», so Kopp. «Die Fachleute bewirtschaften diese hervorragend.» Sie aber behält die Übersicht: In ihrer Funktion sorge sie dafür, dass die VBZ beim Verfolgen ihrer Umweltstrategie und -ziele immer auf Kurs bleiben. So sitzt sie in zahlreichen Gremien zu Umwelt- und Energiethemen, berät, schaut was gut läuft oder wo Luft nach oben ist. «Manchmal sind es banale Dinge.» Zum Beispiel aktuelle Etiketten auf Gefahrstoffen. «Vor kurzem öffneten wir während eines Audits einen Schrank und da klebten noch immer veraltete Etiketten auf den Behältern.»
Ein Umweltmanagement-System einzuführen und die Iso-Zertifizierung 14001 einzuholen gehörte zu Kopps ersten Aufgaben, als sie 2016 ihre neu geschaffene Stelle antrat. Ein knappes Jahr später konnte sie ein Häkchen dahinter setzen. Seither stehen alle drei Jahre die Rezertifizierung und jährlich Überprüfungsaudits an. Dazu brieft sie die Abteilungen und stellt sicher, dass sie alles bearbeiten und aufdatieren. «Das System muss stets unterhalten werden», sagt sie und verschweigt nicht, dass Audits auch eine Menge Papierkram bedeuten, obschon elektronischen. «Zertifizierung und Audits machen Druck. Doch sie erleichtern meine Arbeit, weil ich mich auf offizielle Vorgaben berufen kann, um etwas durchzusetzen.»
Elektrobusse? «Ein Quantensprung!»
Brauche es mehrere Anläufe, wie bei den Gefahrstoff-Etiketten, sei das ärgerlich. «Doch manches benötigt halt Zeit, bis es in den Köpfen verankert ist.» Meist seien die VBZ-Mitarbeitenden aber recht offen für Nachhaltigkeitsthemen. Und vieles werde auch an sie herangetragen. So etwa eine Idee, die sie gerade prüft: die Logos auf alten Uniformen zu entfernen und diese via Texaid in den Secondhand-Markt zu geben. Zudem sei man ja nicht untätig gewesen, bevor es eine Umweltmanagerin gab. «Ich bin in erster Linie da, um die Aktivitäten zu systematisieren.»
Und welches ist in ihren Augen der wichtigste Nachhaltigkeits-Meilenstein, den die VBZ in den letzten Jahren erreicht hat? «Der oder die? Es gibt mehrere.» Sie lacht. Zum einen die Elektrobusse. «Ein Quantensprung!» Einer sei im Dezember geliefert worden, drei weitere werden im Frühling erwartet. Zum anderen komme man mit den auf sanierten Gebäuden geplanten Fotovoltaik-Anlagen voran. Schon auf vier Depotdächern und der Garage Hardau seien Anlagen installiert. «Den Strom, den wir so gewinnen, speisen wir ins Fahrleitungsnetz oder ins Netz für Gebäudestrom ein.»
Schützenswerte Natur
Dass man bei Gebäuden auch sonst auf Nachhaltigkeit achtet, ist laut Kopp sowieso selbstverständlich. Sie blickt durchs Fenster des Sitzungszimmers in die angrenzende Parkgarage. Eine Lampe flackert dort nervös. Um Energie zu sparen, sagt Kopp, würden in selten frequentierten Bereichen Beleuchtungen installiert, die nur bei Bewegung heller werden. Hier allerdings sei wohl etwas kaputt. Sie deutet in Richtung des Flackerns.
Die defekte Lampe wahrzunehmen, gehört fast zu Kopps Beruf. Dieser aber gründet auf ihrer Überzeugung, dass Natur schützenswert ist. Einen Schlüsselmoment, der diese Erkenntnis in ihr weckte, kann sie nicht nennen. Vielleicht habe ihre Kindheit auf einem Stadtzürcher Bauernhof am Fuss des Üetlibergs, mit Tieren und nahe dem Walde, ihr Gefühl begründet: Da ist etwas, zu dem ich Sorge tragen will. Dass sie später Umweltnaturwissenschaften an der ETH studierte, sei einfach naheliegend gewesen. Dass sie sich auch privat nachhaltig verhält: keine Frage. «Man kann das ja nicht trennen. Natürlich bin ich mit dem ÖV unterwegs, kaufe keine ‹Fast Fashion›, esse regionale und Bio-Produkte und kaum Fleisch.»
Diplomatie versus Vorschriften
Gibt es etwas, das ihr schwerfällt, eine kleine Klimasünde? «Käse essen, sofern man das als solche betrachtet.» Sie lacht, fügt an, «nein, eigentlich nichts.» Selbst in den Ferien ist sie gern aus eigenem Antrieb mobil und überquert Pässe mit dem Mountainbike. Missionieren, um andere auf einen umweltfreundlicheren Weg zu bringen, liegt ihr allerdings nicht. Eher setzt sie auf Anregungen und Diplomatie. «Damit bewirkt man mehr als mit Vorschriften.» Sie selbst würde das Menü in der Kantine zum Beispiel komplett ändern. «Aber es käme wohl zum Aufschrei, wenn das Fleisch gestrichen würde.» Also gibt sie sanfte Hinweise an die Kantinenleitung, wie sich Salat- und Gemüsebüffet ausbauen lassen. «Man muss die Leute motivieren, nicht bevormunden.» In diese Richtung zielen auch Umwelttrainings für Mitarbeitende, die ihr Arbeitskollege Riccardo Meier konzipiert hat. Sie regen dazu an, das eigene Verhalten zu hinterfragen und bestenfalls zu ändern. Viel bringe es zudem, mit gutem Beispiel voranzugehen. Inzwischen haben längst auch andere Abteilungen die Papierkörbe reduziert.
Papierkörbe und Kantinenmenü, eBus-Strategie und Fotovoltaik: Claudia Kopp jongliert bei den VBZ die kleinen Umweltdinge. Und behält die grossen im Auge. Welches sind die Highlights in ihrem Büroalltag? «Das Meiste ist ‹daily business›», sagt sie, «ein Job.» Lasse sich etwas, das sie vorbereitet habe, von der Geschäftsleitung absegnen und ins Trockene bringen, sei das aber schon… Sie überlegt. «Es ist ein Job. Aber meine Aufgabe liegt mir auch persönlich am Herzen.»
Dieser Artikel stammt ursprünglich von vbzonline.ch