Als 4-jähriger kam er aus Vietnam zu Adoptiveltern nach Zürich. Hier hat er eine Kochlehre gemacht, die Hotelfachschule absolviert, und als DJ JayM mit seinen Beats die Hip-Hop-Szene aufgemischt. Doch am Montagmorgen wird DJ JayM jeweils wieder zu Yves Meili, der als ICT-System Administrator seine Arbeitskolleginnen und -kollegen bei den VBZ unterstützt.
In 52 Jahren hat Yves Meili mehr erlebt, als die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben: Geboren in Vietnam wurde er als 4-jähriger Knirps durch seine Adoptiveltern zum Stadtzürcher und später zum Mitglied der Zunft Riesbach. Die Berufswahl führte Yves in die Küche, genauer nach Erlenbach, wo er im Erlibacherhof die Kochlehre absolvierte. Schon während seiner Lehre entdeckte er die Musik. Um sich diese zu leisten, musste er das eine und andere Mal auf das Mittagessen verzichten. Das so vom Mund abgesparte Geld konnte er dann in Vinyl investieren. Über die Zeit sind so rund 5’000 Platten der verschiedensten Musikstile zusammengekommen.
Vom Breakdancer zum DJ
Über Kollegen fand der Jungkoch zum Breakdance. Dieser entstand als Teil der Hip-Hop-Bewegung unter afroamerikanischen Jugendlichen in Manhattan und der südlichen Bronx im New York der frühen 1970er Jahre. Damals traten Gangs auf den Strassen in sogenannten Battles zum Tanz gegeneinander an. Diese Urform lässt sich kaum mehr vergleichen mit den akrobatischen Künsten von heute, die diese einst alternative Tanzform zur olympischen Sportart 2024 in Paris erhoben haben. Dennoch: «Anstrengend war Breakdance schon in den Anfangsjahren. Und so richtig «gefegt» hat es jeweils dann, wenn ein DJ zu den Battles live aufgelegt hat», schwelgt Yves Meili in seinen Erinnerungen. Doch pragmatisch wie er ist, hat Yves damals festgestellt, «dass das Auflegen als DJ auch Spass macht und erst noch weniger schweisstreibend ist als das Tanzen».
«Das Auflegen als DJ macht auch Spass und ist erst noch weniger schweisstreibend als das Tanzen» So begründet Yves Meili, warum er den Platz als DJs demjenigen auf dem Dancefloor vorzieht
Er hat darum vom Dancefloor hinter die Plattenteller gewechselt. Zu seinen Anfangszeiten lief alles nur mit Plattenspieler und Vinyl. Die Kunst dabei: Den Rhythmus, beziehungsweise das Tempo der Beats nahtlos weiterführen, auch wenn vom einen auf den anderen Plattenteller gewechselt wird. Oft basiert ein Beat auf dem sogenannten Loop eines bestehenden Songs. Dieser ist stark von Rhythmus und von percussiven Elementen geprägt. Wenn diese nicht nahtlos ineinander übergehen, beziehungsweise unterschiedliche Tempi aufweisen, dann entstehen Brüche, die weder Hip-Hopper noch Breakdancer schätzen. Und ausserdem ergänzt der erfahrene DJ: «Mit den Beats bestimmst du das Tempo der Breakdancer*innen und die Stimmung im Club».
Ein Lehrmeister, der das Handwerk beherrscht
Damit aus den Beats, die oft nur 10 bis 15 Sekunden dauern, für Hip-Hopper tanzbare Musik wird, braucht es Übung. Die hat sich der schon bald als JayM auftretende DJ in unzähligen Stunden zusammen mit Kollegen im Übungskeller erworben. Heute beherrscht er dies im Schlaf und gibt seine Erfahrung und sein Wissen an jene weiter, die das Handwerk des DJ von der Pike auf erlernen wollen. Neben Theorie bringt DJ JayM seinen Schülern auch den Umgang mit Plattenspieler und Schallplatten bei. «Zwar bietet moderne Technik viele Annehmlichkeiten, doch du merkst halt schon, wer das Handwerk beherrscht, oder wer nur seinen Laptop bedient».
Auflegen in Clubs und vor Zehntausenden
Seine DJ-Karriere hat Yves zusammen mit Kollegen im Übungskeller gestartet. Danach lernte er die Clubs von Zürich und Umgebung kennen. Wenn er für Roxy, Kaufleuten, den damaligen Club im Toni-Areal und den anderen In-Places für Hip-Hopper gebucht wurde, dann hiess es schleppen: Drei Kisten mit Schallplatten hatte er jeweils im Gepäck. Die brauchte er, um damit das musikalische Programm zu bestreiten.
Das sei heute schon viel einfacher. Auf seinem Laptop ist eine breite Auswahl an Musik verschiedener Styles gespeichert. Dies macht ihn flexibel, um auf die Wünsche des Publikums spontan eingehen zu können. So erinnert er sich an die Saisoneröffnung in einem Skigebiet. Knapp die Hälfte der rund 1000 Gäste stammten aus Schweden. Von diesen gefragt, ob er auch Musik von ABBA dabeihabe, konnte er aus dem Vollen schöpfen und die Stimmung zum Kochen bringen.
Als DJ JayM hat Yves Meili aber nicht nur die Stimmung in Clubs in Stadt und Region aufgeheizt. Er hat auch grosse Bühnen bespielt und Zehntausende zum Tanzen gebracht. So hat ihn beispielsweise das Open-Air Frauenfeld gebucht, mit bis zu 30’000 Leuten der grösste Hip-Hop-Event in Europa. Doch auch Radiohörer liessen sich von DJ JayM regelmässig auf eine Hip-Hop-Reise entführen. Zusammen mit einem Kollegen hätten sie jeweils am Sonntagabend eine Stunde lang live für Radio Couleur 3 aufgelegt, das Westschweizer Pendant von DRS 3.
«Mit den Beats bestimmst du das Tempo der Breakdancer*innen und die Stimmung im Club» – Yves Meili über seine Rolle als Stimmungsmacher
Yves Meili hat die Philosophie und die Werte des Hip-Hops verinnerlicht und sich darum – als eines von fünf Mitgliedern in der Schweiz – der Universal Zulu Nation angeschlossen. Die Organisation wurde in den 1970er-Jahren von Afrika Bambaataa gegründet und spielte in den ersten Jahren des Hip Hops eine wichtige Rolle: Erstmals versuchten sich die künstlerisch Aktiven zu organisieren und so dem Gang-Wesen etwas entgegenzusetzen.
Heute ist die Zulu Nation eine Musik-, Sozialdienst- und Kunst-Organisation, die sich vorwiegend dem Hip-Hop widmet. Yves Meili glaubt – wie seine Freunde aus der Organisation -an Freiheit, Gerechtigkeit, Wissen, Weisheit und Verständnis. Er betätigt sich als DJ, gibt sein Wissen als Lehrer weiter und nimmt an Foren und Diskussionsveranstaltungen teil, die sich mit den Zielen des Hip-Hops befassen. So lebt er die Werte der Hip-Hop-Kultur und gibt diese weiter.
Vom DJ mit Profivertrag zum IT-Fachmann bei den VBZ
Als DJ JayM hat Yves Meili Erfolge eingeheimst und Kontakte geknüpft. Dies verhalf ihm zu einem Profivertrag. Damit verschob sich sein Leben vollends in die Nacht. Auch der Freundes- und Kollegenkreis bestand bald nur noch aus Menschen aus Gastronomie und Unterhaltung, die von Berufes wegen die Nacht zum Tag machen. Darum hat sich der dreifache Vater einen anderen Broterwerb gesucht und eine IT-Ausbildung als Türöffner zu den VBZ genutzt. Seit 2006 ist er Teil des VBZ-Helpdesks und unterstützt seine Kolleginnen und Kollegen auch als ICT-System Administrator.
Sein Leben als DJ hat sich primär aufs Wochenende und ausgewählte Gigs verlagert. So legt Yves Meili als DJ JayM sehr gerne an Hochzeiten und Geburtstagen auf. Und am Züri Fäscht sorgte er im Zelt der VBZ zusammen mit einem Kollegen für musikalische Hochstimmung. «Dank meiner Erfahrung, meinem reichen Schatz an Musik aus verschiedenen Stilen und meiner Menschenkenntnis, die ich mir während meiner Zeit als Chef de Service in Zürich erworben habe, kann ich auf die Menschen, ihre Wünsche und ihre Geschmäcker eingehen, und sie auf eine musikalische Reise entführen. Denn sowohl als System Administrator als auch als DJ bin ich ein Dienstleister».